100 Jahre numismatische Gesellschaft Mainz – Wiesbaden
Mainz
Wiesbaden
Aus der Beschreibung von Dr. Karl Ortseifen, Mainz: „Zu ihrem 100-jährigen Jubiläum hat die Gesellschaft diese in Hochrelief geprägte Medaille herausgegeben. Die Hauptmotive auf beiden Seiten widmen sich den Residenzschlössern in Mainz und Wiesbaden, von denen Gebäudeteile mit hohem Erkennungswert dargestellt sind. Die zwei benachbarten Schlösser am linken und rechten Ufer des Rheins stehen für die Verbundenheit der Münzfreunde beider Städte. Dies betont auch symbolisch das beide Seiten durchziehende Band des Flusses“.
Als Gestalter sehe ich beide Medaillenseiten als gleichwertig an; die Beschreibung beginnt mit der Mainzer Seite. „Vor der gewellten Uferlinie des Rheins“, hier geographisch richtig und nord-östlich des Gebäudes, als starke Wellenformen verlaufend, „erscheint der Erker der Südwestecke des kurfürstlichen Schlosses, der mit seiner Bauornamentik in Formen der Renaissance besondere kunsthistorische Bedeutung besitzt. Er stammt aus der ersten Bauphase des Schlosses, die unter Georg Friedrich von Greiffenklau 1628 begonnen und von Casimir Wamboldt von Umstadt 1629 bis 1631 fortgesetzt wurde. Aus dem Fassadenschmuck ragen die Sandsteinbüsten von histrisch bedeutsamen Persönlichkeiten hervor, die allerdings erst zwischen 1903und 1922 in Anlehnung an eine vermutete ältere Porträtgalerie in die gesprengten Fenstergiebel der Fassaden eingesetzt wurden.Vom abgebildeten Erker stammt die von vom Mainzer Bildhauer Ludwig Lipp gestaltete Büste Diethers von Isenburg, des Erbauers der angegliederten Martinsburg, 1478 bis 1481, und Gründers der Mainzer Universität 1477. Links unten erscheint die Bildseite eines Mainzer Martins-bzw. Betteltalers von 1567, geprägt unter Daniel Brendel von Homburg im als Münze eingerichteten Vorgängergebäude des Alten Zeughauses. Am rechten Rand bekundet die fünfzeilige Gedenkinschrift >100 / JAHRE NUMISMATISCHE / GESELLSCHAFT / MAINZ /WIESBADEN<den Anlass der Medaillenprägung. Das Mainzer Stadtwappen vor der Toreinfahrt im Rheinflügel des Schlosses beschliesst das Motivprogramm“ dieser Seite.
Auf der gegenüberliegenden Medaillenseite „erhebt sich am“ wiederum als kräftige Wellenstruktur und südwestlich des Bauwerkes verlaufenden „Rheinufer in Wiesbaden-Biebrich das Nassauische Residenzschloss, dessen formvollendeter Rundbau zwischen dem Ost- und Westflügel vom kurmainzischen Oberbaudirektor Maximilian von Welsch von 1710 bis 1718 errichtet wurde. Von den barocken Figuren antiker Götter auf der Attika der Rotunde wird die mit Speer und Schild ausgestattete Athene/Minerva als Hüterin von Handwerk, Kunst und Wissenschaft symbolhaft für die Beschäftigung vieler Numismatiker mit der Antike hervorgehoben“. Diese Skulptur fehlt als Miniatur oben auf der Rotunde und sieht sich rechts über dem Ostflügel in grösserer Dimension wiedergegeben. „Die doppelläufige Freitreppe zur Rotunde stammt von 1826/27. Das numismatische Äquivalent zur“ Seite Mainz „bildet ein ein Herzoglich Nassauischer Kronentaler von 1817, gestaltet vom Mainzer Medailleur Johann Lindenschmidt und geprägt in Limburg/Lahn. Das Wiesbadener Stadtwappen von 1610“ mit den drei Lilien „ergänzt das parallele Motivprogramm , das eindrucksvoll die historische Verflechtung der beiden Rhein-Seiten auch über poliutische Grenzen hinweg belegt. Die beiden Jahreszahlen >1921 2021< neben der Signatur >VH heben den hundertjährigen Zeitrahmen des Wirkens der Gesellschaft hervor“.
Die Umschrifen und Darstellungen beider als Miniaturen replizierter Münzen: Mainz, der Betteltaler >MONETA ARGENTEA MOGVNTINEN< und im Zentrum der nach links reitende St. Martin, seinen Mantel mit dem Schwert teilend, darunter ein Bettler, kauernd auf dem Mainzer Wappen. Wiesbaden, gekröntes Hessisch/Nassauisches Wappen, darin linksschreitender gekrönter Löwe und Umaschrift >HERZOGTHUM NASSAU 1817<.
Zur Vorbesprechung dieser Medaillengestaltung am 04/08/2020 in Baden-Baden legte die Numismatische Gesellschaft eine „Wunschliste“, als Collage der zu berücksichtigenden Details darauf vor, deren getreue Übersetzung zwar gewünscht doch meinem künstlerischen Ermessen überlassen blieb. Somit ergab sich bei der folgenden Komprimierung zu den Reliefgipsmodellen die spannende Aufgabe, keinesfalls einen „überladenen Postkartenstil“ zu erzeugen und dennoch alle oben genannten Details schlüssig unterzubringen:
Passionierend die freie Abstraktion und Aufhebung der tatsächlichen Gebäudedimensionen, die es gerade ermöglicht deren Formenreichtum, wie selektiv, auf Anhieb wiederum verstehen zu können. Auf der Seite Mainz konnte durch die hervorspringende, im Relief am höchsten erfolgte Betonung des Erkers als deutliche Senkrechtachse Temperament gewonnen werden, besonders dynamisiert durch die das weitere Feld durchziehende, abstrakte, riesig wirkende, perspektivische Rekonstruktion bis zum Fluchtpunkt rechts und Skizzierung der ausladenden, rechtwinkligen Anlage im Hintergrund.
Komprimierend verfahren werden musste auch auf der Seite Wiesbaden, deren Senkrechtachse durchzieht die Rotunde und Freitreppe wobei die im Original sich sehr lang ersteckenden Seitenflügel des Schlosses Biebrich zusammengezogen wurden und damit an Stärke gewannen. Beidseits erzeugen die teils Fassaden durchwirkenden Wellenstänge eine verbindende Beweglichkeit.
Die Medaille wurde in sehr hohem Relief konzipiert, wobei im Interesse des thematischen Zusammenhanges beider Seiten die beiden höchstgelegenen Senkrechtachsen, Erker/Rotunde, sich im Metallkörper genau gegenüberliegen.
Die schlüssige Verarbeitung und Platzierung der skulpturellen, heraldischen- und numismatischen Attribute zeigt sich darin dass sie alle, beide Seiten übergreifend, auf identischen Koordinatenstellen der Medaille angesiedelt sind, somit die so unterschiedlichen Informationen sich innerhalb der logisch angelegten Kleinskulptur räumlich ergänzen.
Metall: Ag
⌀: 60 mm
Gewicht: ca. 210 g
Metall: Cu
⌀: 60 mm
Gewicht: ca. 245 g